KW 49Die Woche, als die FTC zwei Databroker abwatschte

Die 49. Kalenderwoche geht zu Ende. Wir haben 20 neue Texte mit insgesamt 617.523 Zeichen veröffentlicht. Willkommen zum netzpolitischen Wochenrückblick.

Fraktal, generiert mit MandelBrowser von Tomasz Śmigielski

Liebe Leser*innen,

es gibt die Erzählung vom eher starken Datenschutz in der EU (dank DSGVO) und vom eher schwachen Datenschutz in den USA (mangels DSGVO). Da ist sicher auch etwas dran. Doch was diese Woche passiert ist, steht unter anderen Vorzeichen.

Die US-Bundesbehörde FTC (Federal Trade Commission) hat zwei Databroker auf eine Weise abgewatscht, die die EU ziemlich alt aussehen lässt. Im Mittelpunkt steht die Sammlung von Standortdaten, aus denen sich detaillierte Bewegungsprofile ableiten lassen. Diese maximal gruselige Praxis macht die Handys, die wir alle in der Tasche haben, zu Peilsendern. Wie gefährlich das ist, haben wir jüngst mit dem Bayerischen Rundfunk in den Databroker Files aufgedeckt.

Bei zumindest zwei Databrokern hat die FTC nun gesagt: Schluss damit! Die Überwachung von (leider nur) sensiblen Orten muss aufhören, darunter medizinische Einrichtungen, religiöse Organisationen, Schulen, Gefängnisse, Gewerkschaftsbüros, Orte für die LGBTQ+-Community und Militärstützpunkte. Ansonsten drohen empfindliche Geldstrafen.

Den Datenhahn abdrehen

So einen Move würde ich gerne auch in der EU sehen. Aber von den Datenschutzbehörden kommt wenig. Offenbar ist alles kompliziert und bürokratisch und überfordernd und nicht so einfach. Aber das muss nicht sein.

Würde man Tracking und Profilbildung zu Werbezwecken gleich ganz verbieten, dann hätte man auch weniger Probleme beim Vorgehen gegen Datenhandel. Denn dann wäre der Datenhahn einfach abgedreht. Diese Forderung stammt übrigens nicht vom Wunschzettel weltfremder Datenschutz-Träumer*innen, sondern unter anderem vom Verbraucherzentrale Bundesverband und dem Bundesministerium für Verbraucherschutz.

Tja.

Damit daraus etwas wird, braucht es – leider – immer noch mehr Momentum, mehr Recherchen, mehr Aufklärung. Auch deshalb arbeiten wir weiter zu den Databroker Files. Übrigens ganz intensiv diese Woche und in den nächsten Monaten. Und wir sagen: Finger weg von unserem Privatleben! (Hinter dem Link steckt ein pointierter Text; ihr könnt ihn Menschen schicken, die das Thema Datenschutz einfach nicht fühlen, vielleicht hilft er.)

Mein inzwischen täglicher Blick auf den Spendenbalken sagt: Uns fehlen noch gut 300.000 Euro, um unsere Arbeit nächstes Jahr fortzusetzen. Ufff.

Habt ihr schon gespendet? Wenn ja: vielen Dank. Ansonsten: Wir wären sehr dankbar, jeder Euro hilft! Denn wir haben noch so einiges vor, mit Databrokern und darüber hinaus.

Schönes Wochenende und bis zum nächsten Mal

Sebastian

Spotify WrappedEine neonfarbene Ablenkung von der eigenen Schäbigkeit

Alle Jahre wieder kommt Spotify mit einem individualisierten Jahresrückblick um die Ecke. Alle Jahre wieder lassen sich Menschen dazu instrumentalisieren, damit kostenlos Werbung auf Social Media zu machen. Und alle Jahre wieder verhüllt die Marketingaktion erfolgreich, wie problematisch das Unternehmen ist. Ein Kommentar.

Lesen Sie diesen Artikel: Eine neonfarbene Ablenkung von der eigenen Schäbigkeit

Debatte zum Digital Networks Act„Harmonisierung der Regeln, nicht der Märkte“

Die EU-Kommission macht weiterhin Probleme auf den EU-Märkten für Telekommunikation aus. Schon Ex-Kommissar Thierry Breton hatte tiefgreifende Reformen gefordert, die neue Kommission setzt die Arbeit daran nun fort. Doch nicht alle teilen ihre Sicht auf die Lage des Telekommunikations-Sektors.

Lesen Sie diesen Artikel: „Harmonisierung der Regeln, nicht der Märkte“

Brief an EU-ParlamentMetas Content-Moderator:innen fordern besseren Schutz

Sie schützen Nutzende vor verstörenden Inhalten auf Facebook und Instagram – doch zu welchem Preis? Für Meta aktive Content-Moderator:innen berichten von niedrigen Löhnen, psychischen Strapazen und fehlender Unterstützung. In einem Brief, den wir hier veröffentlichen, fordern sie Hilfe von der EU.

Lesen Sie diesen Artikel: Metas Content-Moderator:innen fordern besseren Schutz

0 Ergänzungen

Wir freuen uns auf Deine Anmerkungen, Fragen, Korrekturen und inhaltlichen Ergänzungen zum Artikel. Bitte keine reinen Meinungsbeiträge! Unsere Regeln zur Veröffentlichung von Ergänzungen findest Du unter netzpolitik.org/kommentare. Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.